Seit Jahrtausenden diskutieren Philosophen die Idee, dass wir in einer Simulation leben könnten. Diese Hypothese ist sowohl faszinierend als auch beunruhigend zugleich. Sie bringt zahlreiche interessante Fragen und Spekulationen hervor, die weit über unsere physische Existenz hinausgehen.
Einer der bekanntesten Denker, Platon, brachte bereits in seinem Werk "Der Staat" die Möglichkeit auf die Tagesordnung, dass wir in einer Traumwelt leben könnten. Seine Theorie besagt, dass die Welt, in der wir leben, nur eine Illusion sei und tatsächlich ein Produkt unserer Träume sei. Diese Überlegung führte ihn zur Frage nach der Natur der Realität und ihrer Grenzen.
Im Laufe der Geschichte gab es verschiedene weitere Philosophen, die ähnliche Gedanken formulierten. René Descartes' berühmtes Cogito ergo sum ("Ich denke, also bin ich") legt nahe, dass unsere Existenz nur durch unser Bewusstsein garantiert ist. Wenn wir also in einer Simulation leben würden, könnte dieses Bewusstsein selbst ein Ergebnis dieser Simulation sein.
Beide Philosophen beschäftigten sich mit der Interpretation und Weiterentwicklung des bewährten Prinzips, das darauf hinausläuft, dass alles Subjektive real ist.
Neben diesen klassischen Ansätzen wurden in jüngerer Zeit auch modernere Argumente für die Existenz einer Simulation vorgestellt. Insbesondere erhielt diese Annahme neuen Schwung dank Nick Bostroms Werk "Superintelligence". In diesem Buch argumentierte Bostrom, dass es möglich ist, dass wir alle Teil einer hochentwickelten Computersimulation sind. Seine Argumentation basiert auf der Fähigkeit der heutigen Technologie, virtuelle Welten zu generieren, was darauf hindeuten könnte, dass unsere eigene Realität ebenfalls simuliert sein könnte.
Es gibt mehrere Indizien, die auf die Möglichkeit hinweisen, dass wir in einer Simulation leben. Erstens gibt es das Problem der "Fehlenden Halbierung", das bedeutet, dass nach aktuellem Stand der Technik selbst die fortgeschrittensten Supercomputer nicht genug Rechenleistung haben, um eine realistische Simulation des Universums zu generieren. Dies deutet darauf hin, dass es eine höhere Ebene von Intelligenz geben muss, die über unser Verständnis hinausgeht und die notwendige Leistung zur Generierung einer solchen Simulation bereitstellen kann, bzw. uns daran hindert, eine umfassende Simulation des Ganzen zu kreieren.
Des Weiteren, wenn wir uns daran einigen würden, dass eine Simulation als solche überhaupt möglich ist, dann wäre es auch möglich, eine unendliche Reihe von verschachtelten Simulationen zu schaffen. Da die Zahl nahezu unendlich ist, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir nicht in der ursprünglichen Realität leben, sondern in einer der verschachtelten, fast hundertprozentig.
Schließlich gibt es das "Anthropische Prinzip", wonach die Existenz des Universums auf bestimmte Bedingungen festgelegt ist, die für die Entstehung intelligenten Lebens notwendig sind. Wenn wir jedoch in einer Simulation leben, dann sind diese Bedingungen auf Spielregeln zurückzuführen und sind für das eigentliche Leben nicht von Bedeutung. Das würde das Paradox der nahezu unmöglichen Selbstentstehung des Lebens aus zufälligen Elementen nichtig machen. In einer Simulation fragt man sich schließlich nicht, wie die Spielcharaktere aus Prokaryoten und Prokaryoten aus zufälligen Atomen evolutionieren konnten.
Wenn es also möglich ist, dass wir uns in einer Simulation befinden, was spricht dafür, dass es sich um eine Mehrspieler-Simulation handelt?
Stellen wir uns vor, wir verbringen unsere Zeit mit einem Spiel, dessen Umgebung virtuell erschaffen wurde. Es ist nachvollziehbar, dass es einfacher sein sollte, dieses Spiel samt Umgebung und NSCs für einen einzigen Spieler zu programmieren.
Es scheint vernünftig, dass die Komplexität der Programmierung steigt, sobald mehrere Individuen involviert sind. Jedes Individuum hätte seine eigene Persönlichkeit, seinen eigenen Hintergrund und seine eigenen Bedürfnisse. Darüber hinaus bräuchte jedes Individuum eine individuelle Interaktion mit seiner Umwelt, was bedeutet, dass jede Handlung und Reaktion verschiedener Personen sowie jede einzelne Spielzone in Echtzeit simuliert werden müssen. Außerdem müsste man für jeden einzelnen Nutzer ein Zugang zur Simulation einrichten. All dies würde eine enorme Menge an Ressourcen erfordern, und selbst wenn dies die Leistungsfähigkeit der Hardware nicht übersteigen würde, sollte in Übereinstimmung mit dem gesunden Menschenverstand und Ockhams Rasiermesser eine Einspieler-Simulation viel zweckmäßiger sein, als eine für mehrere Spieler konzipierte.
Ob es wirklich notwendig wäre, eine komplizierte Simulation für viele gleichzeitig agierende Personen zu erstellen? Warum sollte jemand eine Mehrspieler-Simulation entwickeln wollen, wenn es weniger Aufwand bedeutet, eine Simulation für eine Person bereitzustellen? In diesem Fall stellt sich die durchaus berechtigte Frage nach dem Zweck und Nutzen der Mehrspieler-Simulation.
Vielleicht bestünde die Absicht dahinter darin, Menschen bloß zusammenzubringen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, gemeinsam in einer Welt zu existieren? Schon möglich, aber ob man zu diesem Zweck unbedingt eine umständliche Mehrspieler-Simulation am Laufen halten würde anstatt die Rollen von "allen Anderen" den hochdetailliert nachgebildeten NSCs zuzuweisen, ist mehr als fraglich.
Eine weitere Frage, die man in dieser Hinsicht stellen darf, bezieht sich auf NSCs: Wenn wir schon in einer Simulation sind, wo es bekanntlich Milliarden von NSCs gibt, dann wie groß ist die Chance, dass gerade "Ich" das "Haupt-Ich" der Simulation ist? Wäre es nicht vernünftiger, davon auszugehen, dass es bei den "Ichs" um Instanzen eines hochentwickelten, in die NSCs intergrierten "ChatGPTs" handelt, wobei all die persönlichen Bewusstseine bloße Nebenerscheinungen sind, die während der für die Belustigung eines unbekannten Spielers gedachten Kontent-Herstellung vorkommen? Wäre es nicht möglich, dass auch die gesamte simulierte Realität nur ein Nebenprodukt anderer hochentwickelter Prozesse ist?
Insgesamt lässt sich sagen, dass wenn wir tatsächlich in einer Simulation leben, diese höchstwahrscheinlich für eine einzige Person geschaffen wurde, wobei es bei dieser Person nicht um Sie handelt. Während dies auf den ersten Blick befremdlich erscheinen mag, ergibt es bei näherem Betrachten Sinn. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Idee einer Einspieler-Simulation, wo Sie nur ein NSC sind, einige Ängste hervorrufen kann, dennoch wäre es verfrüht, sie vollständig abzulehnen, nur weil sie spielverderbend und hoffnungshemmend erscheinen mag.
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