Sonntag, 7. Januar 2024

Ist der Idealismus dem Merkantilismus überlegen?

Ist der Idealismus dem Merkantilismus überlegen?

Nach den jüngsten Bauernaufständen gewinnt eine Meinung an Popularität, die darauf hinausläuft, dass die Bauern "bloß um ihren Geldbeutel Sorgen haben", während die Klimakleber "ehrenhaft für eine Idee kämpfen". Gewiss kann solche Meinung aus einer idealistischer Sicht überaus schmeichelhaft erscheinen, aber ist es wirklich vernünftig, dem Idealismus pauschal Vorzüge zu gewähren?

Im Laufe der Geschichte gab es zahlreiche Fälle, in denen verschiedene Gruppen für unterschiedliche Ideen gekämpft haben. Einige dieser Ideen konnten unsere Gesellschaft positiv beeinflussen, während andere negative Auswirkungen hatten. Es ist daher wichtig, die Ideen immer und ausnahmslos kritisch zu prüfen und zu bestimmen, ob sie tatsächlich nützlich, bzw. unheilvoll sind oder nicht.

Zwar kann der Idealismus unter Umständen als eine edle "gedankliche Einstellung" bewertet werden, man sollte aber unbedingt berücksichtigen, dass die Anwesenheit einer Idee allein nicht ausreicht, um die Idee für akzeptabel zu halten. So sind zum Beispiel die klassischen marxistischen Ideen, selbst wenn man ihre Umsetzungen nicht in Betracht ziehen würde, in vielerlei Hinsicht schädlich und menschenfeindlich, geschweige denn längst überholt.

Ein weiteres Beispiel hierfür sind die Proteste der Neoluddisten der letzten Generation. Diese Gruppe agiert unter dem Deckmantel des Klimaschutzes, steht aber gegen den technologischen Fortschritt und setzt sich aktiv für eine Rückkehr zu traditionelleren Lebensweisen sowie Kampf gegen vermeintliche Überbevölkerung der Erde ein, sodass der Neoluddismus mit dem Neopuritanismus Hand in Hand defiliert. Obwohl einige ihrer Ansichten legitim erscheinen mögen, wie etwa die Kritik an die Umweltverschmutzung, sollte ihr verdeckter zivilisationsfeindlicher Standpunkt hinterfragt werden. Es sollte beachtet werden, dass "die Sicherung unserer Zukunft" allein keine vollwertige Idee ist, sondern eine vage Vorstellung, die uns nicht genügt, um jegliche Ausschweifungen zu akzeptieren. Denn es gibt zwei Zukünfte: Die eine gilt für die gute Stimmung der Neoluddisten sowie für das scheinbare Wohl "ihrer Kinder" und wird keine 50 Jahre überdauern, die andere wiederum das Überleben der Zivilisation im Hinblick auf Milliarden von Jahren fördern soll.

Auf der anderen Seite stehen die Landwirte, die regelmäßig gegen agrarpolitische Maßnahmen protestieren. Ihre Motive sind meist finanzieller Natur, aber trotzdem ist ihr Kampf gerechtfertigt. Es erübrigt sich zu wiederholen, dass die Landwirtschaft eine strategisch wichtige Rolle in unserer Gesellschaft spielt, und wenn sie untergraben wird, leidet die gesamte Bevölkerung; deshalb sollten wir ihre Situation ernst nehmen und nach Lösungen suchen, die sowohl ihnen als auch den Steuerzahlern, die ihre Subventionen finanzieren, zugutekommen. Viel wichtiger ist zu begreifen, dass, wenngleich die Bauernaufstände häufig von Populisten und Putinisten* instrumentalisiert werden, der aufrichtige Kampf für eigenen Geldbeutel ohne tiefsinnigen Anspielungen auf ideelle Zukunftsicherung eine durchaus gerechte und legitime Sache ist, während Zivilisationsfeindlichkeit das absolute Böse darstellt. Solange sich Landwirte nicht an die Seite der Zivilisationsfeindlichkeit offen stellen, sind sie voll berechtigt, ihre eigenen Gehöfte vor Untergang und Verwahrlosung auf eine gesellschaftsfähige sowie rechtsstaatliche Art und Weise zu schützen.

*Wie bereits erwähnt, sind die Blockaden durch Traktoren ein fester Bestandteil der hybriden Kriegsführung.

Es sollte allerdings berücksichtigt werden, dass die Landwirte an sich keine extremistische Bewegung darstellen, sondern eine Bevölkerungsschicht, die keineswegs homogen ist. Wie es bei jeder Bevölkerungsschicht der Fall ist, können unter Bauern natürlich Extremisten aller Art vorkommen, die rein destruktive Ziele verfolgen und dem Feind dienen. Solche Tendenzen dürfen keineswegs ignoriert werden, da sie letztlich die Grundwerte der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit untergraben. Im Gegenteil, solche Tendenzen müssen energisch bekämpft werden.

Die Beispiele von Neoluddisten und Bauern zeigen deutlich, dass der Kampf für eine Idee allein noch keine universelle Rechtfertigung ist. Wir müssen jedes Mal separat prüfen, welche konkreten Auswirkungen eine Idee auf die Zivilisation hat und ob sie wirklich gut für postmenschliche Zukunft ist. Erst dann können wir beurteilen, ob die Akteure, die für diese Ideen eintreten, Helden oder Gegner sein könnten.

Und was den Merkantilismus angeht, so gilt es im Allgemeinen, dass der Wohlstand, Übekonsum sowie Überproduktion unabdingbar für eine gesunde Hyperpunk-Gesellschaft sind, die wiederum mit der Zukunft der Zivilisation einhergeht.

So bleiben wir skeptisch gegenüber allen Ideen außer Hyperpunk und treffen fundierte Urteile basierend auf Fakten und Vernunft, anstatt blindlings irgendwelchen voreingenommenen Meinungen zu folgen.

Ist der Idealismus dem Merkantilismus überlegen?